Weiter geht es mit unserer Tour durch die Büdericher Kneipenlandschaft. Wir treffen uns an der Bundesstraße vor der früheren Gaststätte Worm. Bernhard Worm weiß folgendes zu berichten:
Die Gaststätte wurde etwa im Jahr 1923 von Johannes Worm durch Tausch von der Familie Linnenbrink erworben. Johannes Worm war Eigentümer des Gasthofes „Brackeler Hof“ in Dortmund. Es war ein großes Anwesen mit acht Mietwohnungen und einem Kino, das erste Lichtspielhaus im Dortmunder Osten. Die Immobilie war hoch belastet, sonst hätte der Tausch keinen Sinn gehabt.
Wie lange die Gaststätte in Büderich von der Familie Linnenbrink bewirtschaftet wurde kann ich nicht sagen. Aber vor der Familie Linnenbrink hat es mehrere Eigentümerwechsel in der Gaststätte gegeben; z.B. sind Eigentümernamen wie Feldmann und Stute überliefert. Davor war es ein großer Bauernhof. In dem Buch von Preising wird hier die Familie Leineweber als Landwirt genannt.
Die Gaststätte warb mit dem Spruch „Ei Ei und du fährst noch vorbei“. Wann die Umbenennung in „Hellweg Rast“ erfolgte, ist nicht bekannt.
Zur Familie Worm gehörten der Vater Johannes Worm, seine Söhne Hans, Josef und Bernhard sowie die Tochter Klara. Die Mutter ist wohl schon vorher in Dortmund verstorben. Die Gaststätte hat der Familie sicherlich einen guten Lebensunterhalt geboten. Damals gingen die Leute alle noch in die Wirtschaft, Biertrinken zu Hause war nicht die Regel. Im Gastraum war eine Bühne, ca. 3 x 3 Meter groß. Auf dieser Bühne hat Josef Worm Klavier und Bernhard Geige gespielt. Am Wochenende war immer schwer was los in der Gaststätte und im Saal. Auch die Tische vor dem Haus waren immer voll. Klara war mit dem Friseur Josef Wiegand verheiratet. Das einzige Kind der Eheleute Wiegand ist Anneliese Werth, Mutter von der Postwirtin Bettina Reißbeck.
Josef Wiegand hatte im Gesellschaftszimmer seinen Friseursalon. Samstags kamen alle Männer zum Rasieren, Biertrinken und Kartenspielen. Zu der Zeit hatte es in Büderich sieben Friseure gegeben.
Das Schützenfest in Büderich wurde in der Zeit reihum bei den Gastwirten im Dorf gefeiert. Zur Aufstellung des Zeltes wurde hinter dem Haus eine Fläche von 20 x 20 Meter planiert.
Hans Worm durfte studieren und wurde Sonderschullehrer in Bochum. Nach dem Krieg wohnte er mit seiner Familie vorübergehend in einem Zimmer im Haus. Um auch an etwas Geld zu kommen hat er Kindern Englischunterricht erteilt, Schüler waren z.B. Friedel Dröppelmann und Franz Scheele.
Bernhard Worm ist in den 1930er Jahren im Alter von 29 an einer Blindarmentzündung verstorben. Deshalb hat die Familie inseriert: „Friseurgeselle gesucht, der gleichzeitig Stehgeiger ist.“ Und man glaubt es kaum, es fand sich ein junger Mann aus Holzwickede. Er kam mit dem Fahrrad angereist. In den 1970er Jahren stand er noch einmal vor der Tür und hat mit meiner Frau gesprochen.
Im Jahr 1947 -48 hat mein Vater auf der anderen Seite der B1 ein Haus bauen lassen. Dies war das Erbteil seiner Schwester Klara.
Im Jahr 1951 verstarb Johannes Worm einen Tag vor seinem Geburtstag; welchen weiß ich nicht, aber es musste kurzfristig die für den nächsten Tag geplante Freibierfete abgesagt werden. Daraufhin hat mein Vater Josef Worm die Gaststätte übernommen. Im Jahr 1955 wurde die Wirtschaft innen ganz durchrenoviert. Im Jahr 1966 ist mein Vater mit 57 Jahren verstorben. Meine Mutter hat dann mit mir und meiner Kusine Anneliese die Gaststätte noch zwei bis drei Jahre weitergeführt.
Dann wurde die Wirtschaft an jugoslawische Pächter abgegeben. Aber diese Episode dauerte nur sechs Monate. Danach endete das Gaststättenleben. Die Räume dienten nur noch für eigene Feiern. Im Jahr 1976 sind meine Schwiegereltern aus Unna in unser Haus gezogen. Auch aufgrund ihres Zuspruchs haben wir die Gaststätte von 1978 bis 1982 noch einmal eröffnet. Danach wurde die Wirtschaft endgültig geschlossen und die Räumlichkeiten zu einer Wohnung umgebaut.
Soweit die Erinnerungen von Bernhard Worm.
Norbert Theine, der Unterlagen herausgesucht und mit seiner Adler Schreibmaschine seine Erinnerungen zusammengefasst hat, berichtet, dass hier bei Worm die Laienspielgruppe 1947 bis 1949 Aufführungen hatte. Der Eintritt wurde bis 1949 noch in Reichsmark entrichtet.
Der Saal wurde damals von einem Kanonenofen beheizt, der Stunden vor der Aufführung schon in Schwung gebracht werden musste. Diesen Luxus konnte man sich bei den Übungsabenden allerdings nicht leisten, so dass im Winter auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt geprobt wurde.
Bei den Aufführungen wurden viele Lieder eingearbeitet, wobei alle Laienspieler als Chor fungierten und gemeinsam auf der Bühne sangen. Auch die Zuschauer im Saal sangen kräftig mit. Norbert Theine schwärmt noch heute von der guten Stimmung. Lieder wie „Wir winden Dir den Jungfernkranz“, „Kein Tropfen im Becher mehr“ oder „Wär‘ ich ein Vöglein“ wurden angestimmt. Begleitet wurden sie am Klavier von Rudolf Braukmann, der Jahre später Domkapellmeister in Augsburg wurde und Mitbegründer der weltbekannten Augsburger Domsingknaben war.
Beitrag von Petra Stemann und Bernhard Worm, Redaktion Markus Mawick
Siehe auch die anderen Teile unserer Serie: