Das Wunder von Büderich

Es rasselt und schnarrt, ein zweiflügeliges Tor schwingt auf und leicht ruckelnd kommt das Jesuskind hervor. So haben es vielleicht ältere Büdericher aus ihrer Kinderzeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg oder in den 1950er Jahren noch in Erinnerung. Aber erzählen wir die Geschichte von Anfang an:

1933 berichtet die Zeitung „Der Freimütige an der Haar“ von einer neuartigen Krippendarstellung in der Büdericher Pfarrkirche St. Kunibert. Sie ist in der Seitenkapelle des Chors neben der großen Krippe aufgebaut. Der auf Leinwand gemalte Hintergrund stellt die Landschaft rund um Betlehem dar. Ein kleiner Tempel mit gold-glänzenden Kuppeln im maurischen Stil steht davor. Der Baustil ist ein Anklang an den Tempel von Jerusalem. Aber es ist nicht einfach nur kleines Modellgebäude, sondern ein für die damalige Zeit mechanisches Meisterwerk: Das Wunder von Büderich.

Lassen wir es uns von dem damaligen Zeitungsjournalisten die Mechanik beschreiben:

„Wirft man in einen Opferkasten vorn an der Krippe ein 10-Pfennigstück, so schaltet zunächst ein Automat in dem Tempel das elektrische Licht ein. Dann öffnet sich an dem Glockenturme des Tempels eine Tür, und man erblickt zwei Engel, die ein vierstimmiges Glockengeläut zum Ertönen bringen. Darauf öffnet sich an dem Hauptteile des mit einer goldenen Kuppel geschmückten Tempels zwei größere Flügeltüren, man sieht das Jesuskind vor einem Throne stehen, es setzt sich in Bewegung, durchschreitet die Pforte und beginnt dann in majestätischer und korrekter Weise den Segen zu geben. Hierbei schreitet es bis an den vorderen Rand des Tempelplatzes, wendet sich dann langsam um und geht denselben Weg zurück, den es gekommen. Dann schließen sich alle Türen wieder, das Glockengeläute verstummt und das Licht erlischt.“

 

Sehr schnell sprach sich seinerzeit diese Besonderheit der Büdericher Krippe in Nah und Fern herum. Scharenweise kamen an den Weihnachtsfeiertagen und in der folgenden Wochen Eltern mit ihren Kindern aus den benachbarten Dörfern und aus Werl zu Fuß nach Büderich, um dieses wunderhafte Jesuskind zu bestaunen. Die Krippe wurde umlagert und kaum hatten sich die Tore wieder geschlossen, wanderte schon der nächste Groschen in den Opferstock und die Prozedur begann von vorn.

 Durch den permanenten Betrieb wurde die Mechanik des auf einer Schiene fahrenden Jesuskindes so stark beansprucht, dass sie häufig ausfiel. Groß war die Enttäuschung der Besucher und besonders der Kinder, wenn es wieder einmal nicht funktionierte. Dann musste Pfarrer Freytag einmal mehr seine Ärmel hochkrempeln, und die Mechanik reparieren. Infolge der oftmals etwas hakeligen Mechanik und der ruckartigen Bewegung der Figur, wurde sie auch „das zittrige Jesuskind“ genannt.

 Bis in die 1950er Jahre wurde dieser Automat an der Krippe in der Büdericher Kirche noch aufgestellt. Wahrscheinlich war die Mechanik im Inneren irgendwann gar nicht mehr zu reparieren. Über den Verbleib dieses technischen Wunderwerks ist leider nichts bekannt.

Mit dieser kleinen Geschichte wünscht das Team von büderich.digital allen Interessierten ein frohes und geruhsames Weihnachtsfest. Wir bedanken uns für den regen Zuspruch zu unserer noch sehr jungen Plattform und freuen uns über Anregungen und Ideen für weitere Themen. Wir laden jeden ein, sich aktiv bei uns zu beteiligen. Ihr seid herzlich willkommen.

Bericht von Markus Mawick

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