Auf überaus großes Interesse stößt das Thema „Betreuungshaus“ im Dorf. Im Vorfeld rumorte es im Ort, denn einhergehend mit dem Vorhaben soll der Bolzplatz weichen. So war es keine Überraschung, dass am vergangenen Donnerstag über 100 Personen der Einladung des Bürgermeisters zur Bürgerinformationsveranstaltung folgten. Sie wollten hören, was die Verwaltung zum geplanten Vorhaben zu berichten hat.
Bürgermeister Torben Höbrink ließ es sich nicht nehmen, höchstpersönlich das Thema den Interessierten vorzustellen. In seinem Vorwort sprach er davon, wie wichtig es der Verwaltung sei, an dieser Stelle die Bürger mitzunehmen und über das Vorhaben zu berichten und die Beweggründe darzustellen. Das wurde gleich von Peter Kothenschulte einkassiert. Er erinnerte daran, dass erst durch die Initiative von einigen Büderichern Bewegung in das Thema gekommen sei und ohne das beherzte Engagement wohl kaum diese Informationsveranstaltung stattgefunden hätte.
Die zukünftige Situation
In seiner Präsentation verdeutlichte der Bürgermeister den Bedarf:
| Offener Ganztag (OGS) | bis August 2026 müssen 170 Plätze geschaffen werden |
| Erweiterungsbedarf | aktuell werden 120 Kinder betreut, es geht um 50 zusätzliche Plätze |
| Kita für Büderich, Holtum, Budberg | Für das Jahr 2024/25 fehlen 61 Plätze |
| Planung | Neubau einer 3-gruppigen Kita |
Die bisherigen Planungen der Stadtverwaltung
„Betreuungshaus“ bedeutet: OGS und Kita unter einem Dach. Beides soll in einem zweistöckigen Gebäude auf dem Bolzplatz realisiert werden. Mit Vorstellung des Entwurfs ging der Bürgermeister auf die wesentlichen Vorteile aus Sicht der Stadtverwaltung ein:
- Wirtschaftlichkeit => Grundstück ist Eigentum der Stadt und nur ein Gebäude errichten für zwei Einrichtungen
- Flexibilität in der Gebäudenutzung
- Kurze Realisierungsphase
- Ein Bildungsstandort für Kinder von 0 bis 10 Jahre
- Geringerer Flächenverbrauch (Versiegelung)
- Kurze Verkehrswege
Multifunktionsfeld und neuer Parkplatz
Als Ersatz für den wegfallenden Bolzplatz soll auf dem Schulhof ein Multifunktionsfeld entstehen. Das ist eine umbaute Spielfläche mit LED-Beleuchtung und Gummiboden, die hauptsächlich für Ballsportarten geeignet ist. Dieses Feld wird eine Hälfte des oberen Schulhofs in Anspruch nehmen.
Die Anzahl der Parkbuchten steigt von 20 auf 38. Hier verspricht der Bürgermeister sichereres Bringen und Abholen der Kinder. Allerdings nimmt dieser an der Ostseite bereits ca. ein Viertel des alten Spielplatzes und Bolzplatzes weg, siehe dazu den Entwurf.
Offene Fragerunde
Die Diskussion entbrannte, als der Bürgermeister zur Fragerunde aufforderte. Sodann ergriff nochmals Peter Kothenschulte das Mikrofon und stellte die Vorteile des Bolzplatzes heraus:
- Als Freizeitfläche, Sportplatz und Treffpunkt für Kinder und Jugendliche
- Für Grundschüler Pausenfläche und Sportfläche im Sommer
- Für Gruppenstunden von Blau-Weiß Büderich Abt. Breitensport
- Letzte frei zugängliche, grüne Fläche im Dorf
Des Weiteren sieht er eine Reduzierung der Freizeitfläche in mehrfacher Hinsicht: „Der Bolzplatz steht nicht mehr zur Verfügung und durch Errichtung eines Multifunktionsfeldes auf dem Schulhof wird die allgemeine Spielfläche kleiner, da ein Multifunktionsfeld eingezäunt und nur für bestimmte Sportarten geeignet ist. Zusätzlich reduziert der großzügige Parkplatz die Flächen. Also starke Einschränkung der Freizeitflächen, obwohl das Dorf in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen und der Bedarf gegeben ist.“
Stephan Clasen bat die Verwaltung um Weitsichtigkeit bei der Planung. Er meint: „Eine schnelle, einfache und günstige Lösung ist am Ende nicht die beste Lösung“. Als Idee schlug er ein zweistöckiges Gebäude auf dem Wandelgang (Laubengang zwischen Turnhalle und Hauptgebäude) vor. Der Bürgermeister widersprach: „Wir bauen nicht billig, das geplante Gebäude ist teuer genug. Aber wir müssen wirtschaftlich mit Steuergeldern umgehen.“
Verlangt nach genauer Prüfung: Trennung von OGS und Kita
Wolfgang Hanowski wollte mehr zu den Prämissen der Verwaltung erfahren und sprach die Notwendigkeit der gemeinsamen Unterbringung von OGS und Kita an. Und ob es nicht wirtschaftlicher sei, bei vorrangiger Betrachtung einer OGS im Bestand anzubauen.
Eine Trennung von OGS und Kita sehen auch viele Holtumer als vorteilhaft. Gleich mehrere Bürger und Bürgerinnen aus dem Nachbardorf meldeten sich dazu. Carola Stute-Funhoff fragte direkt, warum keine Kita für Holtum geplant wird. Sie bemängelte weiterhin, dass gerade in Holtum keine Infrastruktur mit Möglichkeiten für Jugendliche, Erwachsene und Senioren vorhanden ist und für Beschäftigungsmöglichkeiten immer der Weg nach Büderich gefahren werden muss.
Lohnt sich eine Kita in Holtum?
Der Ortsvorsteher von Holtum, Klaus Nordmann, teilte mit, dass in Holtum 72 Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren seien und somit der Bedarf für eine Kita gegeben sei. Auch Andreas Hallermann forderte eine Kita für Holtum. Er stellte fest: „Ob nun Holtumer Eltern nach Büderich fahren oder Büdericher Eltern nach Holtum macht keinen Unterschied.“
Der Bürgermeister antwortete hier, dass sich für eine zweigruppige Kita kein Träger fände. Iris Bogdan von der Verwaltung mahnte, eine Kita in Holtum sei klimaschädlich und es zum Standort Büderich keine bessere Alternative gäbe.
Ist das Modell zukunftsfähig?
Noch andere Fragen beschäftigten die Besucher der Informationsveranstaltung. Sophie Kothenschulte wollte wissen, ob die Planungen über das Jahr 2026 hinaus gingen und was passiert, wenn der Bedarf an betreuten Plätzen von Kita und OGS noch weiter steige. Aus diesem Grund sei ein flexibles Gebäude wichtig, antwortete der Bürgermeister. Iris Bogdan informierte, dass die Stadt nur von den vorliegenden Zahlen ausgeht.
Ilona Kottmann-Fischer meldete sich zu Wort. Als ehemaliges Ratsmitglied der Grünen ist sie im Bilde und bedauerte, dass es für den Standort Büderich bald zu spät für eine andere Lösung sei. Jahre zuvor hätten die Weichen anders gestellt werden können und die aktuellen Probleme hätte es nicht gegeben.
Bürger mahnen zu späte Reaktion
Ebenso bemängelte Christian Stute die Zeitschiene und befürchtet, der Plan sei bereits in trockenen Tüchern. „Bereits vor Monaten bin ich durch ein Ratsmitglied informiert worden, dass der Bolzplatz zur Diskussion stehen würde“. Warum das Thema nicht seinerzeit bereits angepackt wurde.
Gleiches stellt Josef Griewel fest. „Die Bürger wurden viel zu spät ins Boot geholt“, kritisiert er die Verwaltung. „Die Dörfer wachsen weiterhin und der Straßenverkehr wird noch schlimmer werden“ spricht er ein weiteres Problem an und verlangt eine pragmatische Verkehrslösung.
Auf die Frage von Walter Schlummer, ob die alten OGS-Räume bei einem Neubau wieder der alten Nutzung zur Verfügung stehen, antwortete Schulleiter Stefan Cordes: „Nur die 50 zusätzlichen Plätze werden im Neubau untergebracht werden, alle andere OGS-Räume bleiben bestehen, es wird kein Platz gewonnen“.
Auch nochmal die gefährliche Verkehrssituation spricht Karsten Haarhoff an. „Als Anwohner sehe ich das tägliche Chaos mit den Eltern-Taxis. Bei einer Vergrößerung von OGS und Kita ist mit noch mehr Verkehr zu rechnen“.
Alternative Standorte
Nach Alternativen sucht auch Markus Graff. Er spricht das alte Hausmeisterhaus an. Ludger Pöpsel von der Stadtplanung antwortet: „Ist kein Eigentum der Stadt“. Zur Frage von Graff nach einem Anbau an das Nebengebäude zwischen Aula und Kindergarten entgegnet der Bürgermeister, dass aus Gründen der Verschattung kein Anbau möglich sein.
Auf die Frage von Ilona Kottmann-Fischer betreffend das Grundstück nördlich des Bolzplatzes antwortete der Bürgermeister: „Wir haben solche Flächen geprüft, können aus Datenschutzgründen keine Informationen preisgeben.“
Stefanie Kortmann spricht den Bürgermeister auf den Unmut der Bevölkerung und die Unterschriftenaktion an: „Bisher machte es den Einruck, als wäre die Bebauung des Bolzplatzes alternativlos. Bewegung ist wichtig, gerade für Kinder. Die Büdericher möchten sich nicht den einzig freien Bewegungsraum wegnehmen lassen“. Gleichzeitig kritisiert sie, dass der Ortsvorsteher von Büderich in der Sache bisher kein objektiver Ansprechpartner war und sie erwartet, dass er sich für das Dorf stark macht.
Plan der Stadtverwaltung alternativlos?
Zum Schluss der Diskussionen stellt Wolfgang Hanowski fest: „Die Mehrheit befürwortet eine Trennung von Kita und OGS“. Er rät der Stadtverwaltung zu einer getrennten Betrachtung. Den Bolzplatz betrachtet er als „Tafelsilber, den die Stadt nicht für eine Bebauung hergeben kann“.
Seine abschließende Frage an den Bürgermeister: „Können die Bürger die Entscheidung noch beeinflussen? Oder Ist der ursprüngliche Plan alternativlos?“. Torben Höbrink antwortet: „Das Thema ist offen“.
Nach zweieinhalb Stunden geht die Diskussion, die übrigens sehr sachlich geführt wurde, zu Ende. Die Bevölkerung geht nun davon aus, dass die Stadtverwaltung die Planung gründlich überdenken wird.
Über das Thema berichtet auch der Werler Anzeiger in seiner Ausgabe vom 17.Dezember.
Beitrag von Peter Kothenschulte
