Es war einmal … Einschulung vor 80 Jahren

Es sind gerade Herbstferien. Schüler und Lehrer haben gerade vielleicht besseres zu tun, als an die Schule zu denken. Dennoch möchten wir allen, egal wie weit entfernt die Schule und die Schulzeit auch immer sein mag, die Erinnerungen von Elsbeth Mawick an ihre Einschulung vor 60 Jahren nicht vorenthalten. Sie hat uns folgendes aufgeschrieben:

Die letzte Einschulung im Zweiten Weltkrieg war nach den Sommerferien 1944, also vor nunmehr 60 Jahren. Ich gehörte zu den „i-Dötzkes“, wie damals die Erstklässler genannt wurden. Es war eine düstere Zeit. Die Väter vieler Kinder waren als Soldaten an den Kriegsfronten. Der Nazi-Terror eskalierte nach dem sogenannten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944. Auch mein Vater, eigentlich zu alt, wurde noch eingezogen und kam als Soldat an die Westfront. Ein kleines Mädchen von 6 Jahren kann nicht alle Ereignisse zuordnen, aber die angespannte Stimmung der Erwachsenen spürt es sehr.

Wie verlief die Einschulung?

Dürftig, ohne großes Drumherum: In Empfang nahm uns Lehrer Josef Dickgreber, eine Schultüte gab es nicht, auch keine Schulbücher. Aber einen gebrauchten Schultornister, Schiefertafel mit Schwammdöschen und Lappen, Schiefergriffel (Vorsicht, leicht zerbrechlich!), Mangel an Papier. Wir kamen in die damalige Marienschule hinter der St. Kunibert-Kirche, Klasse unten rechts mit Holzbänken für jeweils vier bis fünf Kinder.

Der Schulbetrieb wurde quasi täglich vom Fliegeralarm durch die Sirenen unterbrochen. Das bedeutete: Die „Großen“ mussten bei dem Voralarm ihre kleinen Geschwister abholen und mit ihnen schleunigst nach Hause laufen. Für meinen „großen“ Bruder Franz Ferdinand und mich ging es durch die Friedrichstraße, Hellweg, Reichsstraße (heute Büdericher Bundesstraße) bis zum Elternhaus. Gab die Sirene Entwarnung, mussten wir zurück zur Schule. Beim dritten Alarm an einem Vormittag durften wir daheim bleiben.

Schreiben und Lesen lernen fand ich interessant. Nazideutschland auf dem Schulhof erlebten wir Kleinen zu Beginn der Weihnachtsferien: Die Klassen mussten sich in Zweierreihen vor dem Schulportal aufstellen, oben wehte die Hakenkreuzfahne. Es gab eine markige Rede, die ich natürlich nicht begriff. Dann mussten alle den rechen Arm zum Hitlergruß ausstrecken und die obligatorischen Lieder singen. Ich weiß nicht warum, aber wir Kleinen mussten uns noch nicht mit aufstellen. Wir witschelten zwischen den Großen herum und brachten diese etwas aus dem Konzept.

Vor Ostern 1945 wurde der Schulbetrieb komplett eingestellt. Das Kriegsende – am 8. April 1945 nahmen amerikanische Soldaten von Werl kommend das Dorf Büderich ein – war mit unglaublichen Wirrnissen verbunden. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Nachkriegszeit

Der Schulbetrieb wurde am 19. November 1945 wieder eröffnet. Unterricht hatten wir bislang nur wenige Monate gehabt, dennoch kamen wir nun ins zweite Schuljahr. Die Einschulung wurde von Herbst auf Ostern verlegt. Das bedeutete für uns: Ostern 1946 kamen wir bereits ins dritte Schuljahr (später wurde hierfür der Begriff „Kurzschuljahr“ geprägt). Papier war weiterhin Mangelware und wir schrieben weiter auf unseren Schiefertafeln. Meine Schulbücher waren eine alte Schulbibel von meinem Onkel und 1948, zum Eintritt in die fünfte Klasse, bekam ich das erste Lesebuch, Titel: „Unser Lesebuch für die Oberstufe der Volksschule“. Es trägt den Vermerk „Genehmigt für den Gebrauch in Schulen durch Control Commission for Germany (B. E.)“ Es enthält köstliche Texte und Gedichte. Auch heute noch schaue ich gerne mal hinein.

Beitrag von Elsbeth Mawick / Redaktion Markus Mawick

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3 Antworten

    1. Liebe Ingeborg,
      vielen Dank für den Hinweis. Ich finde jedoch den Tenor deines Kommentar unpassend. Wir sind ein Team ehrenamtlicher Leute, die sich in ihrer Freizeit für das Dorf Büderich einsetzen. Diese Arbeit verdient meiner Meinung nach Respekt und nicht Häme. Wir sind offen für Kritik (positiv und negativ) und dankbar, wenn wir auf Fehler hingewiesen werden, damit diese korregiert werden können. Wir wünschen uns hierbei jedoch einen sachlichen Ton.
      Weiterhin viel Spaß mit büderich.ditigal

      Markus Mawick

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